Die Maria-Hilf-Kapelle in Reichenstetten

Dieses Kirchlein kann auf eine ereignisreiche und wechselvolle Geschichte zurückblicken. Reichenstetten zählte bis weit ins 20. JH hinein zum Pfarrsprengel Kapfelberg. Aus der Kapfelberger Pfarrchronik ist eine Baubeschreibung der Kapelle Reichenstetten aus dem Jahre 1835 überliefert. Außenansicht Kapelle R. Muttergottes Altar Es existieren auch andere Schriften, nach denen es schon längere Zeit davor ein Gotteshaus in R. gegeben haben soll, was aber quellenmäßig nicht belegt ist. Als Indiz dafür könnte der Name `Maria-Hilf-Kapelle` gelten; denn Marienverehrung findet sich gewöhnlich ab der Barockzeit, also etwa ab Mitte des 17. Jahrhunderts.

Sicher ist jedoch, dass Reichenstetten mit Bergmatting, Dürnstetten, Lindach, Haugenried, Schönhofen und anderen Dörfern bereits im 14. JH zum Herrschaftsbezirk und zur Gerichtsbarkeit Laaber zählte. Dieser gesamte Bereich wechselte zu Beginn des 16. JH zum Fürstentum Pfalz-Neuburg über. Das leitete für Reichenstetten eine unerwartet harte Zeit ein. Denn Pfalz-Neuburg hatte die lutherische Lehre eingeführt und verlangte von allen Untertanen den Beitritt zur neuen Religion. Sollte damals also bereits eine Kapelle existiert haben, so wäre diese dem Untergang geweiht gewesen, Eingangsbereich wenn sich auch die Bevölkerung nicht sofort zum Glaubenswechsel bereit erklärt haben mochte. Belegt ist, dass das `lutherische Dorf Reichenstetten` um das Jahr 1600 7 Häuser mit 7 Herdstätten besaß.

Rund 100 Jahre später begann sich Hl.Michael aber wieder die katholische Lehre durchzusetzen, ausgehend von der Herrscherfamilie des Fürstentums Pfalz-Neuburg. Denkbar ist, dass die Reichenstettener nun in diesen Jahren an den Bau einer Kapelle dachten und durchführten. Weitere 100 Jahre später griff jedoch die Säkularisation um sich, was sich in der Zerstörung und Vernichtung religiöser Kultstätten landesweit zeigte. Die Kapfelberger Chronik spricht hier von einer Zeit der Bilderstürmerei, der die Reichenstettener Kapelle wieder zum Opfer gefallen sein muss.

Nach der Baubeschreibung von 1835 Neue Kreuzwegtafeln wurde der Neubau des Kirchleins größer konzipiert im Vergleich zur vorherigen Kapelle. Baubeginn dürfte um 1826 gewesen sein, nachdem ein Kelheimer Baumeister die entsprechenden Pläne erstellt hatte. Der Sinzinger Chronist Rudolf Ottlinger vermutet, dass die rechteckige Apsis, an die das neue Kirchenschiff angebaut wurde, in etwa der ehemaligen Kapelle entsprach. Pfarrer Geiger von Kapfelberg weihte den Neubau im Jahre 1836 ein. Die Form des Kirchleins hat sich bis heute erhalten und blieb trotz mehrfacher Restaurierungsarbeiten in den vergangenen 150 Jahren unangetastet. Die Pfarrei Viehhausen, der 1959 Reichenstetten und Dürnstetten zugeordnet wurden, konnte 1981 das 150jährige Bestehen des Kirchleins in einem feierlichen Rahmen begehen.

Eine Glocke erhielt das Gotteshaus 1947, das heutige moderne elektrische Geläut erst im Jahre 2010. Die geringe Raumhöhe im Inneren der Kapelle wirkt auf den Besucher recht drückend. In der Apsis ziert eine schöne Madonna mit Jesuskind im Arm den Altar. Sie wurde von dem Regensburger Bildhauer Pöschl angefertigt. Seitlich neben dem Altar fällt eine im Verhältnis zur Figur der Gottesmutter fast überdimensional große Statue des hl. Michael auf. Dies lässt darauf schließen, dass sie ursprünglich in einer größeren Kirche ihren Platz hatte. Man vermutet, dass sie ein Weihegeschenk der Ursprungspfarrei Kapfelberg sein könnte. Die Kapelle hat vor kurzem einen sehenswerten Kreuzweg in Form historischer Bilder erhalten, den Heimatpfleger Karl Hoibl ausfindig gemacht hat.


Verfasser: P. Beckmann
Quellen:
Sinzing - von den Anfängen bis zur Gegenwart (Ottlinger);
Aufzeichnungen der Pfarrchronik Viehhausen